Rinjani- Hart, kalt und wunderschön!

Wo soll ich bei diesem Erlebnis anfangen zu erzählen? Es war auf jeden Fall mit Abstand das Härteste, was ich mir in meiner Freizeit bisher selbst zugemutet habe.

Tag 1 – Morgens um 4.30 Uhr wurden Julia und ich eingesammelt und fuhren zwei Stunden im Slalom um Hunderudel durch die Nacht zum Ausgangspunkt unserer Tour Sembalum Lawang im Norden Lomboks. Unsere Gruppe bestand aus sechs Teilnehmern: ein junges holländisches Päarchen, ein älteres französisches Päarchen und Julia und mir; drei Träger und unser Guide. Gleich jetzt muss ich sagen: aufgrund akuter und anhaltender Überanstrengung habe ich kaum Fotos von diesem Trip. Julia wird mir noch welche von sich zukommen lassen.

Direkt nach dem Trip auf der Ladefläche ging es in schon unerträglicher Hitze mit einem crassen Tempo durch Graslandschaft los. Schon nach fünf Minuten tropfte mir der Schweiß runter. Hätte ich da gewusst was noch kommt, ich weiß nicht, ob ich weiter gegangen wäre. Wir starteten auf 900 m Höhe und sollten in den nächsten Stunden auf 2600 m zum basecamp aufsteigen. Kurz gefasst: es war die Hölle! Ich versuchte irgendwie zu sehen, dass es auch etwas Gutes hat, aber ich rang nur nach Luft. Inzwischen hatte der Nebel die Sonne abgelöst, was das Atmen jedoch nicht erleichterte. Ziemlich schnell wurde klar: ich bin die Langsamste aus der Gruppe. Ich versuchte mit aller Kraft Schritt zu halten, aber ich hatte keine Chance. Das war kein Wandern, das war Wettklettern! Unser Guide blieb irgendwann bei mir und redete mir gut zu, als ich anfing mich über mich selbst zu ärgern, warum ich nicht mehr kann…. Inzwischen war nicht nur mein T-Shirt, sondern auch meine Hose schon vollgeschwitzt. Bis wir das Tagesziel erreichten, sollte mir der Schweiß die Hose bis zur Mitte des Oberschenkels pitschnass getränkt haben. Julia und die junge Holländerin feuerten mich von weiter oben an, was mich wirklch ermutigte. Als ich mit Abstand als Letzte unserer Gruppte oben ankam, war ich am Ende mit Allem. Es waren circa 7 Grad und der Wind war so stark, dass ich innerhalb weniger Minuten vollkommen durchfroren in meinen pitschnassen Kleidern stand und mich nicht mal in der Lage fühlte mich irgendwie zu freuen, es geschafft zu haben. Nachdem ich mich umgezogen hatte, konnte ich zum erstem Mal den unglaublichen Ausblick in den Krater sehen. Hätte ich nicht gewusst, dass ich auf dem Rand eines Vulkans stehe, hätte ich gedacht, ich schaue von einem Berg in ein Tal mit See und auf der anderen Seite auf andere Berge. Ich hatte die Dimensionen dieses Vulkans vollkommen (!) unterschätzt.

Der Ausblick auf den für den nächsten „morgen“ ab zwei Uhr geplanten Aufstieg auf den Gipfel, der über 3700 m hoch und durch eine Gerölllandschaft von uns getrennt war, war unglaublich beeindruckend, wunderschön und unermesslich beängstigend.  Die erste Nacht auf dem Kraterrand des Rinjani lässt sich nur mit eisekalt und windig bezeichnen. Sofort nach Sonnenuntergang waren alle ins Bett gegangen. da es ohne die Sonne unerträglich kalt war. egal wie viel man anzog.

Tag 2 – 1.30 Uhr, der Weckruf zum Gipfelsturm. In der Nacht war ich unzählige Male aufgewacht, entweder weil ein Körperteil mangels Polsterung oder aufgrund der Kälte so schmerzte. War das wirklich eine gute Idee? Wir hörten draußen den Wund in den Baumgipfeln toben. Nicht nur ich war unsicher. Auch Julia schwankte bis kurz vorm Losgehen, ob sie es wirklich wagen wollte. Aus dem Zelt gekommen erfuhren wir, dass das französische Päarchen nicht mitgehen würde. Es wurde auch klar, wenn wir erst da oben sind, müssen wir zusammen bleiben und schaffz einer es nicht, müssen alle zurück, Meine Nervosität stieg weiter. Nach den ersten fünf Minuten wurde klar, der Wind pustet mir die Lungen kaputt. Ich schnappe nach Luft und möchte abbrechen: „Noch kann ich alleine zurücklaufen!“ Aber Julia lässt nicht zu, dass ich aufgebe. Die Holländerin meint, auch sie habe Probleme, ihr sei außerdem schlecht. „Okay, es ist nicht nur für mich schon schwer!“ Wir kämpfen uns weiter und weiter, das Atmen fällt immer schwerer. Eine Stunde waren wir schon unterwegs und noch immer war noch nicht mal die Kante mit dem Geröll erreicht. Und da sollte es erst richtig anstrengend werden. Wir hatten schon ein paarmal anhalten müssen, da es der Holländerin schlechter ging. Plötzlich schaltet sie ihre Kopflampe aus und geht zur Seite. Und wirklich, sie musste sich übergeben. Sie versuchte trotzdem noch weiter zu gehen, doch es hatte keinen Sinn. Julia hatte Bedenken wegen des Winds und mir war auch schon schlecht vor Überanstrengung. Geschlossen kehrten wir Frauen um und machten uns durch die Nacht auf den einstündigen Rückweg zum Camp. Da wir noch nicht an der oberen Kante angekommen waren, konnte der Holländer mit dem Guide weitergehen. Niedergeschlagen und abgekämpft legten wir uns wieder in unser Zelt zum Frieren. „Morgen gehe ich mit einer von den Zwei-Tage-Touren runter von hier! Ich bin einfach nicht für so etwas gemacht!“

Circa 6.15 Uhr. Sonnenaufgang! Zwar nicht wie geplant vom Gipfel aus, aber trotzdem. Erst hatte ich den Impuls einfach zu ignorieren, dass ich mir das anschauen sollte, machte es dann trotzdem. Ich dachte nichts könnte mich für diese Qualen entschädigen. Ich glaube mein Gesicht auf dem Bild nach Sonnenaufgang beweist, dass es sehr wohl möglich war! 🙂 „Klar mache ich weiter!“. So schnell nochmal ins Zelt bevor die Gipfelstürmer kommen. Circa 8 Uhr. Beim dritten aufwachen an diesem Tag erfahre ich, dass die Bedingungen wegen des Winds so schwierig waren, dass nur wenige überhaupt auf den Gipfel gekommen waren und sogar unser Guide nicht hochgegangen ist. Das versöhnt mich jetzt doch sehr. Ich hatte es wirklich sehr gewollt, aber mehr konnte ich nicht geben und es war schwerer als es sowieso schon ist. Und ich hatte jetzt auch eine Erklärung für meine unglaubliche Unfitness im Vergleich zum Rest der Gruppe. An diesem Morgen hatte sich mein Durchfall wieder gemeldet. Ich hatte eigentlich gedacht, dass es sich stabilisiert hat, aber dirch die Anstrengung war mein Körper wieder zurückgefallen. Also, Immodium rein und runter zum Kratersee auf 2000 m Höhe. Diese Etappe geht schon wesentlich besser als die erste vom Tag zuvor. Trotzdem ist es anstrengend. Die Landschaft im Krater ist wie aus einem Fantasyfilm und wirkt komplett unrealistisch. Immer wieder ziehen schnell Nebelwolken auf oder fällen vom Gipfel ins Innere des Kraters. Der See sebst wirkt ebenfalls unwirklich. Ein paar Leute wagen sich in das kalte Wasser. Aus dem See heraus ragt ein weiterer Krater. Man sieht noch die Spuren seines letzten Ausbruchs 2015. Wir bekommen Mittagsessen gekocht. Ausgerechnet jetzt: Hühnerbrühe mit Gemüse. Ich kann mich nicht überwinden. Bei dem Gedanken zu ignorieren was da auf meinem Löffel ist, dreht sich mein Magen noch mehr um, als er es sowieso schon tut. Also esse ich trockenen Reis. Besser als nichts und ich brauche Energie, denn nach den heißen Quellen, folgt der Wiederaufstieg auf der anderen Seite des Kraterrands, wieder hoch auf über 2600 m. Wider meinen Erwartungen, bin ich diesmal nicht so fertig wie am ersten Tag. Noch immer gehöre ich zu den langsamsten, aber ich schaffe es ohne größere Atemnot die Höhe zu erreichen. Die Ausblicke, die sich beim Zurückschauen in den Krater zeigen sind so schön, dass ich schon anfange, die Qualen zu vergessen, die mir der Rinjani schon bereitet hat. Als wir den Kraterrand auf der anderen Seite erreichen sehe ich den überwältigensten Ausblick, den ich mir hätte erträumen können. Wir befinden uns über der Wolkendecke, die Sonne wird bald untergehen und das Licht beginnt sich schon rot zu verfärben. Richtung Sonne sieht man deutlich den „Großen“ von Bali, den Agung und den kleineren Batur. Wir suchen unser Zeltlager, dass die Träger schon vorbereitet haben. Von unserem Zelt aus blicken wir auch nach dem Sonnenuntergang noch auf die Silhouetten der Vulkane auf der Nachbarinsel Bali. Das auch diese Nacht kein Vergnügen werden sollte, merken wir schnell. Der Wind war so stark, dass unser kleines Zelt immer wieder auf uns gedrückt wird. Überdreht und übermüdet schaffen wir es irgendwann trotzdem etwas Schlaf zu finden, auch wenn Julia unser Außenzelt ins Innenzelt ziehen muss, um es an ihrem Rucksack festzubinden, damit es nicht wegfliegt. Eine kalte, extrem stürmische Nacht auf über 2600 m.

Tag 3 – Der Tag begann damit, dass sich unser Außenzelt komplett verabschiedete, so dass Julia und ich nur noch mit unserem Innenzelt im Schlafsack auf dem Rinjani hockten und unsere Banana Pancake futterten. Jetzt geht es „nur noch“ fünf Stunden runter. Oder waren es doch sechs? Egal, immer mutig voran. Leider meldet sich mein Bauch beim Abstieg immer mal wieder mit leichten Krämpfen und nach den ersten 1,5 Stunden kommt wieder die Atemnot. Zuerst müssen wir etwas klettern, dann rutschten wir circa eine Stunde auf feinem Staub, doch bald ging es auf einem Pfad auf Wurzelstufen durch den tropischen Wald. Einfach schön! Da ich mich inzwischen mit meinem Tempo genau in der Mitte befand, genoss ich es teilweise über eine halbe Stunde, ganz allein in diesem fremden Wald zu sein. Einige Affen begegneten uns und zwischendurch wurden wir von rießigen Mutantenbienen gejagt. Ich will nicht verheimlichen. Es war noch immer anstrengend und das sich der Muskelkater vom ersten Tag meldete nicht gerade hilfreich. aber ich war froh, das Abenteuer Rinjani gewagt zu haben. Nachdem wir komplett verdreckt und stinkend in Autos gepackt wurden. um zum jeweiligen Punkt gebracht zu werden, veranschiedete ich mich schweren Herzens von Julia. Wir hoffen, dass sich unsere Reisewege nochmal kreuzen!

Nochmal sorry, aber ich habe vom zweiten und dritten Tag kein einziges Foto!

One reply

  1. Lio sagt:

    Das klingt nach einem tollen Abenteuer, das du bestimmt nicht wieder vergessen wirst. Respekt, dass du so eine Tour gemacht hast, Lisa!!

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