Ruteng- Spinnennetzreisfelder und Schotter

Früh am nächsten Morgen schnallten wir uns also unsere Rucksäcke auf und warteten am Straßenrand vor unserem Hostel daarauf, dass der local bus kommt. Man braucht auf solchen Reisen öfter ganz schön Vertrauen in die Aussagen von Einheimischen, von denen man oft nicht wirklich weiß, ob sie einen verstanden haben. Außerdem muss man akzeptieren lernen, dass so etwas wie, der Bus kommt zwischen 6.30 und 8 Uhr durchaus normal ist. Also stellten wir uns auf etwas Wartezeit am Straßenrand ein. Nach einiger Zeit kam ein klappriger „Bus“ vorbei, der uns auf unsere Frage „Ruteng?“ hereinwinkte. Dann ging es sechst Stunden über holprige Kurvenstraßen durch die schönsten Landschaften meiner bisherigen Reise! Reisfelder wechselten sich mit bewaldeten Berghängen ab (leider durch die vielen Kurven nicht fotografierbar). In Ruteng an sich gibt es außer vieler Kirchen, nicht wirklich viel zu sehen. Es war etwas seltsam auf einmal so viele Christen um sich zu haben, da meine Reise auf Lombok klar durch den Islam dominiert war. Um das ganze zu toppen, war die einzige erschwingliche Unterkunft in einem Konvent in dem wir unter singenden Nonnen wohnten. Kaum in Ruteng angekommen, suchten wir direkt nach einer Möglichkeit uns Roller auszuleihen, da das eigentliche Highlight, die Umgebung ist. Wir fanden in einem benachbarten Lokal eine Möglichkeit welche zu leihen und während wir darauf warteten, dass unsere Roller fertig wären, aßen wir noch etwas. Hier hatte ich eins der besten Gado Gado, den gedünsteten Gemüse“salat“ mit Erdnusssauce, den ich schon letztes Mal in Indonesien so geliebt habe. Und dank der Antibiotika, hatte sich mein Magen Darm Trakt beruhigt, so dass ich endlich wieder mit Genuss essen konnte. Als die Roller fertig waren, rollerten wir, durch maps.me gelenkt los. Natürlich war mein Spiegel lose, aber wann hat man schon mal einen Roller, an dem alles funktioniert?! 😉

Unser erstes Ziel waren die Spiderweb Ricefields. Ich hatte davon gehört, erwartete aber nicht zu viel. Erstmal fuhren wir vorbei. Zwei Jugendliche bemerkten offensichtlich unsere Orientierungslosigkeit und gaben uns zu verstehen, dass sie uns zum Eingang bringen wollten. Kein Wunder hatten wir den übersehen. Eine Schottereinfahrt wie circa zwanzig andere und darauf ein Minihäuschen auf das in bunter Farbe der Kopf von Bob Marley gemalt war. Eine alte Frau und ein etwas jüngerer Mann saßen davor und lachten uns freundlich zu. Wir trugen uns in ein Gästebuch ein, bezahlten umgerechnet circa 75 Cent Eintritt und kletterten dann über die typischerweise komplett unregelmäßigen Stufen auf den hinter dem Häuschen liegenden Hügel. Und wirklich. Reisfelder in Form von Spinnennetzen. Und zwar in viel größerem und beeindruckenderen Ausmaß als ich erwartet hätte. Nachdem eine Gruppe von fünf Leuten gegangen waren, hatten wir diese Landschaft, ganz für uns alleine. Auf den Bildern wirkt es leider, wie so häufig, weniger beeindruckend als es in Wirklichkeit war. Wir hörten später, dass die Netzform nicht (wir wir gedacht haben) aus praktischen Gründen entstanden ist, sondern mit den Traditionen und Gesellschaftsschichten zu tun hat. Leider haben wir es aufgrund des fantasiereichen Englisch unseres Gegenübers nur zum Teil verstanden, aber irgendwelche Anteile des jeweiligen Felds werden je nachdem wo sie sich befinden, an verschiedene gesellschaftliche Schichten verteilt. Nachdem wir die Felder ausreichend bewundert und fotografiert hatten ging es über holprige kleine Kurvenstraßen zu einem Aussichtspunkt. Flores ist einfach atemberaubend schön! Bewundern und Fotos machen und wieder auf die Piste.

Das nächste Ziel, die Höhle in der Wissenschaftler vor einigen Jahren eine neue Zwergform des Menschen, den homo florensis oder auch „Hobbit“ gefunden haben. Die Wege wurden allerdings immer abenteuerlicher und zwischendurch war es mehr ein den Roller durch den Schotter in Schrittgeschwindigkeit führen als ein wirkliches fahren. Und dann passierte es. An einem abfallenden Schotterstück der Straße fuhr Julie an mir vorbei und ihr Roller rutschte weg. Scheiße! Ich versuchte meinen Roller abzustellen, konnte es aber nicht, da es bergab ging und der Schotter es unmöglich machte sich zur Seite zu bewegen. Noch bevor ich eine Lösung gefunden hatte, waren wie aus dem Nichts auf einmal zwanzig Indonesier da und halfen Julie wieder aufzustehen, hoben ihren Roller an und nahmen sogar mir meinen Roller ab, damit ich zu Julie konnte. Sie schoben die Roller ein paar Meter weiter zum nächsten Hauseingang, führten Julie ins Haus und baten mich mit zu kommen. Im Haus versorgten sie liebevoll Julies aufgeschürftes Knie. Zum Glück waren wir so langsam unterwegs gewesen. Bis auf eine Schürfwunde am Knie und ein paar kleine Schrammen an der Hand war Julie mit einem Schreck davon gekommen. Aber der saß erst einmal. Zitternd saß sie da und nachdem ihr Knie liebevoll mit einem Stück Stoff verbunden worden war, musste sie erstmal Eine rauchen. Sie boten uns Tee und Kaffee an, und zwanzig Indonesier standen grinsend um uns und beobachteten uns. In dem Haus in das sie uns geführt hatten mussten wirklich viele Leute wohnen, da sie zu Zwanzigst waren und es nur ein weiteres Haus in der ganzen Umgebung gab. Vom alten Mann bis zum Baby war alles gemischt. Im Haus gab es kaum etwas. Eine Kommode mit einem Fernseher drauf und ansonsten dünne Matten die zum einen als Sofa dienten, in der anderen Ecke offensichtlich als Bett. Darüber war ein Moskitonetz gespannt. Ansonsten Leere in dem komplett aus Holz bestehenden Haus. Ich erfuhr später bei einem Gespräch mit unserer Gastmutter in Moni, dass die meisten Haushalte in den Dörfern Flores kein fließendes Wasser haben und das viele Indonesier in den ärmeren Dörfern auf diesen dünnen Matten auf dem Boden schlafen (dies sollte mir auch noch in Sumatra begegnen). Nach der liebevollen Versorgung, brachte einer der Bewohner Julie auf ihrem Roller wieder auf den Schotterhügel und von da traten wir die langsame Heimreise an. Das Julie sich nach diesem Schreck direkt wieder auf den Roller setzte war wirklich gut, da wir in den nächsten Tagen noch einige Kilometer auf diesen machen würden. Der homo florensis würde uns jedoch nicht mehr zu gesicht bekommen.

 

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